Sprechstunde für Impfunwillige

Wie kommt man am Besten mit Bürgerinnen und Bürger ins Gespräch, die sich aus verschiedensten Gründen nicht impfen lassen wollen und sich von der Politik im Stich gelassen fühlen? Unser Stadtrat Dr. Martin Böttger lud am 09.12.2021 zu einer Sprechstunde ein. Dies war sein Versuch den Dialog zu Impfunwilligen zu suchen. Und tatsächlich fand das Gesprächsangebot große Resonanz. Mehr als 2 Stunden nahm sich Dr. Martin Böttger für die Bürger Zeit.

Folgend finden Sie seine Ausführungen und Einschätzung zu den Gesprächen:

Ein Gast bemängelte, dass die Medien sich einseitig für das Impfen gegen Corona aussprachen. Dabei hätten doch die derzeit sich in Verwendung befindlichen Impfstoffe nur eine bedingte Zulassung erhalten. Auch weise die „Studie der 40.000 Probanden“ erhebliche methodische Mängel auf. Ein Ehepaar äußerte Angst, durch das Impfen die körpereigenen Abwehrkräfte zu schwächen. Es traute dem Gesundheitswesen nicht, da es im letzten Jahr 4000 Krankenhausbetten abgebaut hätte. Das sei der wirkliche Grund für die jetzige Überlastung der Kliniken. Herr Sch. warf darüberhinaus dem anwesenden Pressevertreter vor, „Teil einer Kampagne“ zu sein, was dieser vehement bestritt.

Als Informationsquelle der an der Sprechstunde teilnehmenden Gäste fiel immer wieder der Name Dr. Wolfgang Wodarg. Ihm wird offenbar von Impfskeptikern mehr Vertrauen entgegen gebracht als beispielsweise Karl Lauterbach, Christian Drosten und weiteren Wissenschaftlern. Ich gab zu Bedenken, dass Wodarg schon seit mindestens 10 Jahren nicht mehr in der medizinischen Forschung tätig ist und deshalb wohl schwerlich auf dem neuesten Stand der Wissenschaft sein könne. Seine Thesen werden von zahlreichen Forscherinnen und Forschern kritisiert. Ob nach den intensiven Gesprächen meine Gäste vielleicht Herrn Wodarg eine gehörige Portion Skepsis entgegen bringen, vermag ich nicht zu sagen.

Schließlich erschienen noch zwei junge Herren im Bürgerbüro. Einer der Beiden hatte im Februar eine Coronainfektion überstanden und beschwerte sich darüber, dass er den Geimpften nicht gleichgestellt würde. Dabei wären doch seine Antikörper angeblich wirksamer als jeder Impfstoff. Derartige medizinische Fragen konnte ich natürlich nicht beantworten, werde sie aber bei Gelegenheit einem Mediziner bzw. Virologen vorlegen.

Ganz am Ende der Sprechstunde stellte sich heraus, dass meine letzten Gäste an den montäglichen „Spaziergängen“ teilnehmen. Auf die Vorhaltung, dass dies illegal sei, weil die zulässige Personenzahl von 10 deutlich überschritten werde, entgegneten sie, die entsprechende Verordnung sei grundgesetzwidrig und müsse deswegen ignoriert werden. Offenbar nahmen die beiden jungen Männer mögliche Ordnungsstrafen in Kauf und ließen sich von ihren „Spaziergängen“ nicht abbringen. Beide hatten sich übrigens nicht an der letzten Bundestagswahl beteiligt, weil keine Partei für sie wählbar sei, nicht einmal die AfD. Ich erhielt den Eindruck, dass die Zwei für die Demokratie wohl als verloren gelten müssen.

Schließlich gilt es noch, ein Missverständnis auszuräumen. Ich habe zu der Sprechstunde nicht als medizinisches Beratungsangebot eingeladen. Bin ja auch kein Mediziner. Ich lud zu einer Abgeordnetensprechstunde ein mit dem Ziel, Wünsche, Anregungen und Kritiken an die Kommunalpolitik entgegen zu nehmen. Zum Beispiel hätte sich ja jemand über das Ordnungsamt und die 250 € Bußgeld für jeden Montagsspazierer beschweren können. Aus dieser Richtung kam jedoch nichts, nicht einmal von den beiden jungen Herren, obwohl sie doch mit einem Bußgeld rechnen müssen.